Arbeitgeber machen ein erstes Angebot. Alle Infos gibt es hier.
In die aktuelle Einkommensrunde ist Bewegung gekommen. Ob das am Freitagmittag von den Arbeitgebern per Mail vorgelegte Angebot nur Bewegung simuliert oder auch tatsächlich einen Fortschritt darstellt, „wird sich erst zeigen, wenn wir uns ab Donnerstag wieder in Potsdam treffen und über dieses Angebot in Verhandlungen eintreten. Denn klar ist auf jeden Fall, dass das Angebot in seiner heutigen Form bei Weitem nicht ausreicht“, so dbb Chef Ulrich Silberbach in einer ersten Bewertung vor der Bundestarifkommission des dbb. „Tarifverhandlungen sind ein Marathonlauf. Einerseits wird der nicht auf den ersten Metern entschieden, andererseits muss man natürlich überhaupt erstmal loslaufen. Vor dieser Erkenntnis haben sich die Arbeitgeber sechs Wochen lang gedrückt. Ob nun das heute vorgelegte Angebot ein erster Schritt in die richtige Richtung ist oder nur eine Nebelkerze, um in der Öffentlichkeit nicht als Verweigerer dazustehen, wird sich nächste Woche zeigen. Wir erkennen positive Details, wir sehen aber auch, was alles fehlt.“
Die Kernelemente des Angebots im Detail
Lineare Erhöhung und Laufzeit
Ab 1. März 2021 1,0 Prozent (mindestens 30 Euro).
Ab 1. März 2022 weitere 1,0 Prozent
Ab 1. März 2023 weitere 1,5 Prozent
Die Laufzeit beträgt beim Arbeitgeberangebot drei Jahre. Die Laufzeit ist also extrem lang und für die ersten sechs Monate wollen die Arbeitgeber die Entgelttabelle nicht erhöhen. Das wären schlicht Nullmonate. Stattdessen wollen die Arbeitgeber eine Corona-Prämie von 300 Euro zahlen. Azubis Für die Azubis gilt linear das gleiche Angebot wie oben. Das ist meilenweit von der Forderung nach 100 Euro entfernt. Die Übernahmeregelung entspricht den Regelungen der letzten Jahre.
Gesundheitsbereich
Das Angebot für den Gesundheitsbereich ist widersprüchlich. Beschäftigte der P-Tabelle erhalten eine monatliche Zulage von 50 Euro, allerdings werden die Psychiatriezulagen gestrichen. Die monatliche Intensivzulage im VKA-Bereich wird von 46,02 Euro auf 96 Euro erhöht. Zwar wird auch die Zulage für ständige Wechselschicht erhöht, allerdings muss die Schicht nach Arbeitgebervorstellungen mindestens vier Stunden (statt bisher zwei Stunden) Nachtarbeit umfassen. Gleiches gilt auch für die Zulage bei nicht ständiger Wechselschicht. Zu unserer wichtigen Forderung „Erhöhung des Samstagszuschlags“ gibt es kein Angebot. Mit einer monatlichen Zulage von 150 Euro für die Fachärztinnen und Fachärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst bleibt der Arbeitgebervorschlag weit hinter unserer Forderung sowie den Anforderungen, die die aktuelle Pandemie deutlich gemacht hat, zurück.
Ost-West-Angleichung
Die Ost-West-Angleichung würde nach den Vorstellungen der Arbeitgeber weit nach hinten geschoben. Zum 1. Januar 2023 wird die Arbeitszeit auf 39,5 Stunden reduziert und ein Jahr später nochmals um eine halbe Stunde. Bis 2023 würde sich nach Vorstellungen der Arbeitgeber nichts ändern. Dass die Arbeitgeber 30 Jahre nach der Wiedervereinigung weiterhin auf Zeit spielen, ist nicht zu akzeptieren.
Verlängerung des TV Covid
Der TV Covid soll nach den Vorstellungen der Arbeitgeber um ein Jahr verlängert werden.
Arbeitsvorgang
Hier fahren die Arbeitgeber eine ganz harte Linie. Würde ihr Vorschlag Realität werden, hätte das für zahllose Beschäftigte massive negative Konsequenzen für ihre Eingruppierung und ihr Einkommen. Hier ist ein Kompromiss am wenigsten in Sicht.
Arbeitgeberattraktivität
Dass die Arbeitgeber den öffentlichen Dienst attraktiver gestalten wollen ist schön, dass sie das mit Geld machen wollen, das den Beschäftigten nach § 18 TVöD ohnehin schon gehört, ist fragwürdig.
Weitere Themen
Das Angebot umfasst noch weitere Themen, wie zum Beispiel spürbare Einschnitte für den Bereich der Sparkassen. Weitere Themen: der Rettungsdienst und die Flughäfen.
Kritische Bewertung
„Das Angebot der Arbeitgeber fällt in eine Zeit, in der Corona seinen Griff auf unsere Gesellschaft wieder massiv verstärkt“, analysiert dbb Tarifchef Volker Geyer, „die Krankenhäuser füllen sich, der Ruf nach mehr Personal für die Ordnungsämter wird lauter und in den Kindergärten ist längst mit Wucht deutlich geworden, dass es an ausreichendem Fachpersonal mangelt – nicht nur in Zeiten der Pandemie.“ Geyer sieht in dem Angebot noch längst nicht den entscheidenden Wurf, um die aktuellen Probleme des öffentlichen Dienstes zu lösen: „Jedem Bürger zeigt die aktuelle Situation in unserer Gesellschaft, wie dringend wir einen gut funktionierenden öffentlichen Dienst brauchen. Nur die Arbeitgeber von Bund und Kommunen sehen das anders. Sie haben in den zurückliegenden Wochen die einmalige Gelegenheit gewittert, den Gewerkschaften einen Billigabschluss aufzuzwingen. Das vorliegende Angebot stellt nur teilweise eine Abkehr von diesem Versuch dar. Denn dem Angebot fehlen wichtige Aspekte. Uns liegt nicht daran, das Angebot in Bausch und Bogen zu verwerfen, aber allein schon sechs Leermonate direkt zu Beginn der Laufzeit relativieren das Angebot schon stark, genauso wie die extrem lange Laufzeit. Mit Blick auf die Azubis wird deutlich, dass sich Bund und Kommunen von einer aktiven Nachwuchsgewinnung scheinbar verabschiedet haben. Viele Punkte, wie zum Beispiel der Bereich der Flughäfen, sind noch offen. Hinzu kommt, dass die Arbeitgeber beim Thema Arbeitsvorgang Forderungen aufrechterhalten, die für viele Beschäftigte dazu führen würden, dass das vorliegende Arbeitgeberangebot ein Verlustgeschäft darstellen würde. Denn diese Arbeitgeberforderung kann sich sehr negativ auf die Eingruppierung der Beschäftigten auswirken.“
- dbb/komba Flugblatt: "Arbeitgeber machen ein erstes Angebot - Nebelkerze oder erster Schritt?" als pdf-Download
- Weitere Informationen auch auf den dbb Sonderseiten zur Einkommensrunde 2020 unter: www.dbb.de/einkommensrunde