Covid 19 Tarifvertrag - tarifpolitische Handlungsfähigkeit bewiesen

© dbbEin Ergebnis, das Sicherheit gibt

Nach der Angst um die Gesundheit bestimmt die wirtschaftliche Zukunftsangst das Leben der Menschen in besonderer Weise. Dem haben die Tarifpartner VKA (Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände), dbb und ver.di mit Regelungen zur Kurzarbeit im kommunalen Bereich Rechnung getragen. Dabei einigten sich die Tarifpartner auf Eckpunkte für einen Tarifvertrag, die Sicherheit und Klarheit bringen – für die Beschäftigten und die Kommunen. dbb Tarifchef Volker Geyer zusammenfassend: „Unsere beiden Kernbotschaften lauten: Erstens: Dort, wo durch die Corona-Pandemie aktuell Arbeit wegfällt, gilt ein umfassender Beschäftigungsschutz. Die Arbeitsplätze sind langfristig gesichert. Zweitens ist es uns gelungen, die Verluste des Nettoeinkommens auf ein Minimum zu begrenzen.“ Außerdem stellte er klar, dass dieser Tarifvertrag ein Beitrag sei, um eine absolute Ausnahmesituation zu regeln. Geyer wörtlich: „Das ist kein Muster. In aller Deutlichkeit: Das ist ein zeitlich und inhaltlich begrenzter Ausnahmefall, den wir hier regeln. Denn grundsätzlich haben wir im öffentlichen Dienst zu viel und nicht zu wenig Arbeit.“


Zur Einordnung des „Covid 19 Tarifvertrages“ mit der VKA

Der Tarifvertrag mit den Kommunen kann vor Ort nur unter Beteiligung der dortigen Personal- und Betriebsräte angewandt werden. Seine Geltung unterliegt zeitlich und räumlich strengen Vorgaben. Die Tarifpartner haben außerdem klargestellt, dass der Tarifvertrag zur Kurzarbeit nicht für die kommunale Kernverwaltung (Personal, Bauverwaltung, Sozial- und Erziehungsdienst, sofern sie kommunal getragen werden) sowie die Ordnungs- und Hoheitsverwaltung gedacht ist.

Das Ergebnis im Detail

  • Aufstockung des Nettoeinkommens – Kurzarbeitergeld und Aufstockung

    Von der Bundesagentur wird während der Kurzarbeit 60 Prozent (bei Beschäftigten mit Kindern 67 Prozent) der Nettoentgeltdifferenz zwischen bisherigem Einkommen und Einkommen während der Kurzarbeit als Kurzarbeitergeld gezahlt.  Der dbb hat durchgesetzt, dass die Arbeitgeber das Kurzarbeitergeld in den Entgeltgruppen 1 bis 10 auf 95 Prozent des bisherigen Nettoentgelts aufstocken, ab Entgeltgruppe 11 auf 90 Prozent. Damit ist sichergestellt, dass das Nettoeinkommen nur in geringem Umfang abgesenkt wird. Die Aufstockungszahlung ist zusatzversorgungspflichtiges Entgelt.

    Bei vollständigem Wegfall des Entgelts beziehen die betroffenen Beschäftigten nur noch Kurzarbeitergeld und die vereinbarte Aufstockung, bei teilweisem Wegfall des Entgelts, wenn also nicht die gesamte Arbeit wegfällt, beziehen die betroffenen Beschäftigten für die tatsächlich geleistete Arbeit ihr anteiliges Entgelt und für die weggefallene Arbeit Kurzarbeitergeld und Aufstockung. Die Auszahlung des Betrags, der sich aus Kurzarbeitergeld, Aufstockung und anteiligem Entgelt zusammensetzt, erfolgt zum gleichen Zeitpunkt wie die bisherige Entgeltzahlung.

  • Sonstige Zahlungen unverändert
    Die Tarifpartner haben außerdem vereinbart, dass zahlreiche weitere Ansprüche so berechnet werden, als würde im bisherigen Umfang weitergearbeitet: das Urlaubsentgelt, das Urlaubsgeld, die Jahressonderzahlung und vermögenswirksame Leistungen. Hier kommt es also zu keinerlei Kürzungen.

  • Betriebliche Gremien entscheiden weiterhin
    Mit unserem Tarifvertrag wird verhindert, dass auf betrieblicher Ebene unterschiedliche Regelungen mit unterschiedlichem Niveau abgeschlossen werden. Durch den Tarifvertrag sind nun alle betroffenen Beschäftigten umfassend geschützt. Die betrieblichen Gremien entscheiden mit, wer konkret von der Kurzarbeit betroffen ist.

  • Zeitliche und personelle Eingrenzung
    Der Tarifvertrag gilt nur für die aktuelle Corona-Pandemie. Er tritt am 1. April 2020 in Kraft und endet am 31. Dezember 2020 ohne Nachwirkung. Er hat eine Erklärungsfrist bis zum 15. April 2020. Von der Kurzarbeit ausgenommen sind beispielsweise Schwangere sowie werdende Väter, bei denen sich das Kurzarbeitergeld auf die Berechnung des Elterngelds auswirken würde, Auszubildende und Beschäftigte in der Freistellungsphase der Altersteilzeit. Für Beschäftigte in der Arbeitsphase der Altersteilzeit kann § 10 TV FlexAZ angewandt werden, also die Arbeitsphase um die Hälfte der Kurzarbeitszeit verlängert und die Freistellungsphase entsprechend gekürzt werden.

  • Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen
    Während der Kurzarbeit und für einen Zeitraum von drei Monaten nach dem Ende der Kurzarbeit sind betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen. Vorrangige Wiedereinstellung Beschäftigte, deren befristeter Arbeitsvertrag wegen der Kurzarbeit nicht verlängert wurde, sind im Anschluss an die Kurzarbeit bei entsprechender Eignung vorrangig wiedereinzustellen.

Bewertung

Für Geyer stellt das Ergebnis einen wichtigen Eckpfeiler dar: „In einer Zeit, in der Gewissheiten schwinden und Zukunftsängste rasant zunehmen, haben wir gezeigt, dass die Tarifpartner im öffentlichen Dienst handlungsfähig sind. Wir haben Arbeitsplätze gesichert und Nettoeinkommen gewahrt. Und das haben wir zügig und mit hoher Bereitschaft aller beteiligten Partner zum Kompromiss hinbekommen. Das gibt Sicherheit und zeigt, dass Tarifautonomie als gelebte Demokratie auch in schwierigen Zeiten funktioniert.“

Andreas Hemsing (stellvertretender Vorsitzender der BTK und komba-Chef), der die Verhandlungen gemeinsam mit Volker Geyer geführt hat, ergänzt: „Die bisherigen Tarifverträge beinhalten keine Grundlage für Kurzarbeit. Jedoch ermöglichen Betriebsverfassungsgesetz oder in einigen Ländern auch Personalvertretungsgesetze bereits heute die Möglichkeit für solche Vereinbarungen. Aus die-
sem Grund macht die aktuelle Situation eine bundesweit einheitliche Regelung, auch im Sinne der Gleichbehandlung, erforderlich. Unser absolutes Ziel ist es, Einkommen und Beschäftigung zu sichern. Daher muss klar sein, dass eine flächendeckende Regelung für Kurzarbeit im öffentlichen Dienst ausschließlich für bestimmte abgestimmte Bereiche und den Sonderfall der Corona-Krise gelten darf. Diese Regelung ist definitiv nicht als Freifahrtschein für mögliche andere Situationen zu sehen.“